Dipl.-Ing. Engelbert Lehmacher: Interview im Managermagazin

Der das Gras wachsen hört - Dipl.-Ing. Engelbert Lehmacher gehört zum "Rasenkompetenzteam"
Die Vorbereitungen für die Fußball-WM laufen auf Hochtouren. Während die Stadien von der FIFA wiederholt überprüft werden, wächst auf mehreren Feldern in den Niederlanden und Deutschland schon eine der wichtigsten Komponenten: der Rasen.

Osnabrück - Ein Fußballrasen muss viel aushalten.
Doch manchmal nutzt kein Streicheln und Betteln mehr, wo getreten wird, da wächst kein Gras mehr. Dann springt Engelbert Lehmacher ein, der Augen und Ohren am Boden hat und der für frisches Grün sorgt. So auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Lehmacher hat sein Büro in Osnabrück. Sein Labor für Baustoffe und Bauwesen des Sportplatz- und Landschaftsbaus wurde Ende 2004 damit beauftragt, für ein sattes und robustes Grün in den Spielstätten zu sorgen. "Wir wollten einen Charakterrasen", sagt er im Gespräch mit manager-magazin.de. Zierrasen habe auf den Feldern nichts zu suchen. Aus 400 Rasenmischungen musste die richtige gefunden werden. Nach langen Diskussionen einigte man sich schließlich auf eine hoffentlich strapazierfähige Saat: 75 Prozent Poa pratensis, auch Wiesenrispe genannt, und 25 Prozent Lolium perenne oder Deutsches Weidelgras. "Wir haben das Gras nicht neu erfunden, aber diese Mischung hat es so noch nicht gegeben", sagt Lehmacher. Das Problem sei, dass die Rückrunde der Bundesliga erst im April aufhöre. "Dann ist der Rasen in den Stadien fertig und genügt nicht mehr dem WM-Anspruch." Also muss ein neuer Belag her. Der ist schon in Vorbereitung. Irgendwo in den Niederlanden und in der Nähe von Hildesheim wächst das Gras, auf dem die Ballzauberer wie Ronaldinho, Zinedine Zidane und Beckham im Sommer 2006 spielen werden. Die genaue Lage der Aussaat bleibt geheim, Beschädigungen von Fans sind unerwünscht. Bis April 2006 hat der Rasen noch Zeit heranzureifen. Mindestens ein Jahr braucht der Belag, damit er robust genug ist. Bis zu 80 Mal wird er in dieser Zeit gemäht, natürlich dürfen Dünger und Bewässerung nicht fehlen. Ab Mai wird geerntet, das heißt, das Gras wird in Matten von zwölf Meter Länge und 1,20 Meter Breite geschnitten. Innerhalb von zehn Tagen soll es verlegt sein, zwei Spielstätten pro Tag. Schnelligkeit ist geboten, sonst kann das Grün auch schon mal gammeln.Insgesamt sind es 16 Stadien, die mit dem Spezialboden ausgestattet werden. Allein für die Spielfelder werden circa 100.000 Quadratmeter Rasen benötigt, ungefähr ähnlich groß ist noch einmal die Reserve an Gras, über die Lehmacher verfügt. Dazu kommt noch das Grün für die Übungsstätten, die aber nicht alle generalüberholt werden. Pro Stadion kostet der neue WM-Rasen bis zu 125.000 Euro. Wenn am 9. Juni der Startschuss für die WM fällt, dann, so hofft der 55-Jährige, hat der Rasen genügend Wurzeln geschlagen, um perfekt zu liegen. Eigentlich, sagt der Landschaftsarchitekt, könne man auf dieser Sole schon am nächsten Tag spielen. Doch je mehr Zeit vergeht, desto besser. Schließlich soll sich der Boden nicht lösen, wie es im HSV-Stadion schon einmal passierte. Kurz vor dem WM-Anpfiff wird das Grün noch auf seine vorgeschriebene Länge getrimmt: 28 Millimeter Weltmeisterklasse. Der perfekte Rasen, er soll die Visitenkarte der Stadien werden.

Quelle: Interview im Manager Magazin, von Alexandra Knape

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